Verdienstkreuz für einen Forscher durch und durch

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09. Februar 2010

Dr. Uwe Carstens von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen ausgezeichnet

Dänischenhagen/Kiel. Mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ist gestern Dr. Uwe Carstens aus Dänischenhagen ausgezeichnet worden. Seine herausragenden ehrenamtlichen Verdienste wurden von Ministerpräsident Peter Harry Carstensen gewürdigt. Das Bundesverdienstkreuz wertet Carstens nicht als persönliche Ehrung, sondern als Würdigung der Arbeit der Ferdinand-Tönnies-Gesellschaft, die er mit dem dazugehörigen Studentenheim seit 1992 in Kiel leitet - ehrenamtlich.

Mit Leib und Seele sei er Schleswig-Holsteiner, sagt Carstens von sich. 1948 in St. Peter-Ording geboren, studierte der heute 61-Jährige an der Kieler Uni: Politikwissenschaft, Völkerkunde und Soziologie. Bis 1992 galt sein Hauptaugenmerk dem Thema Flucht und Vertreibung. Für ihn rückblickend die „Startrampe meiner wissenschaftlichen Arbeit“.

Die konzentriert sich seit fast 18 Jahren auf Ferdinand Tönnies (1855-1936): auch Eiderstedter, auch Student an der Kieler Uni, hier auch wissenschaftlich tätig gewesen. Sein Hauptwerk „Gemeinschaft und Gesellschaft“ bezeichnet Carstens als „unglaublich schweren Stoff.“ Die weltweit erste wissenschaftliche Tönnies-Biografie schrieb Carstens vor einigen Jahren: „Ich erlebe jetzt mit Freude, dass sie ein Erfolg geworden ist. Zurzeit wird sie ins Chinesische übersetzt.“ Als wissenschaftlicher Referent begleitet er die Herausgabe einer Tönnies-Gesamtausgabe mit 24 Bänden. „Wir haben bisher sieben geschafft“, eine herausragende Leistung, „denn alle, die daran mitarbeiten, machen das ehrenamtlich.“

Seine Bewunderung gilt nicht nur dem inzwischen auch international gewürdigten Wissenschaftler Tönnies. „Ich sehe es als Aufgabe, ihn darzustellen als jemanden, der gegen die Nazis aufgestanden ist. Der auch protestiert hat, als der jüdische Rechtsanwalt Wilhelm Spiegel in Kiel ermordet wurde.“ Und Carstens setzt auf klare Worte: „Als der 78-Jährige von den Faschisten 1933 ohne Bezüge von der Kieler Universität gejagt wurde, lernte er das kennen, worüber er als Wissenschaftler empirisch geforscht hatte: die Armut.“

„Ich bin zu Hause nicht der Wissenschaftler und meine Frau nicht die Programmiererin“, trennt Carstens Arbeit von Privatleben. Er fühle sich in Dänischenhagen heimisch, als Mitglied in Speeldeel und Kegelklub wohl. Und in der netten Nachbarschaft könne er auch Kraft tanken. Aber einen original Tönnies-Brief in die Hand zu nehmen, „das ist schon etwas“. Carstens kann sich nicht vorstellen, mit 65 aufzuhören: „Ich werde immer schreiben.“


Gelesen bei: www.kn-online.de